„Es ist nicht notwendig, ständig neue Technologien einzusetzen“
Wie lässt sich Digitalisierung sinnvoll in den Schulalltag integrieren? Mit dieser Frage beschäftigt sich Jörg Giegerich regelmäßig. Er ist Lehrkraft am Julius-Echter-Gymnasium (JEG) in Elsenfeld und hat iPad-Klassen begleitet, Schüler*innen bei Hackdays betreut und den Makingspace der Schule mitaufgebaut.
Das Julius-Echter-Gymnasium hat erneut die Auszeichnung „Digitale Schule“ erhalten. Herzlichen Glückwunsch! Wie konnte eure Schule überzeugen?
Danke! Auch wenn wir keinen explizit naturwissenschaftlich-technologischen Schwerpunkt haben, legen wir großen Wert auf digitale Bildung. Wir bieten eine Vielzahl an AGs und Wahlkursen an – von Informationstechnologie, Robotics bis hin zu Programmieren von Drohnen, Videoschnitt und Design.
Technisch sind wir ebenfalls sehr gut aufgestellt. Neben zwei regulären Computerräumen haben wir einen weiteren Raum mit Hochleistungsrechnern, den wir gerade zu einem kleinen Makingspace umgestalten.
Außerdem sind wir Teil des Projekts „Digitale Schule der Zukunft“, das vom Bayerischen Ministerium unterstützt wird und umfassend Tablets für die Klassen bereitstellt. Seit einigen Jahren bieten wir iPad-Klassen an, die ab der fünften Klasse freiwillig gewählt werden können.
Seit 2019 sind zudem die Hackdays von Make Your School ein fester Bestandteil unseres Schulangebots. Ich glaube, das war für die Auszeichnung nicht ganz unbedeutend. Dieses Jahr finden die Hackdays im April statt. Mal sehen, was sich die Schüler*innen dieses Mal ausdenken.
An welche Ideen aus den Hackdays der vergangenen Jahre erinnerst du dich gern?
Da gab es viele spannende Projekte. Zum Beispiel habe ich vor sieben Jahren zusammen mit Schüler*innen den Milten-Becher entworfen, einen Mehrwegbecher benannt nach unserem Landkreis. Und bei einem der Hackdays kam die Idee auf, einen Ausgabeautomaten für diesen Becher zu entwickeln.
Was auch mal bei den Hackdays entwickelt wurde, war ein Mensakartenbezahlsystem – sogar mit eigener Währung. Den Hack konnten wir dann auf dem Maker Festival in Berlin vorstellen. Das Team wollte die Idee auch in Echt an unserer Schule umsetzen. Aber so ein Kartensystem, auch mit dem Thema Datenschutz, ist sehr komplex. Gerade plant die Mensa tatsächlich ein digitales Bezahlsystem. Zwar unabhängig von dem Hack, aber ich würde schon sagen: Wir haben einen Impuls gesetzt.

Dann gab es kleinere Projekte, wie etwa ein Gerät, das kreative Ausreden für die Schüler*innen erfindet, wenn sie zu spät zum Unterricht kommen. Oder, das fand ich auch ganz nett, viele Schüler*innen tippen schon die kleinsten Rechnungen in den Taschenrechner ein. Eine Gruppe hat einen Taschenrechner programmiert, der erkennt, wenn die Aufgabe zu leicht ist. Dann kommt die Meldung „Rechne das selbst aus, dafür brauchst du mich nicht.“
Das sind charmante Ideen!
Ja, das haben sie wirklich schön gemacht. Nach den Hackdays kamen dann ein paar Jugendliche auf mich zu und meinten, sie wollen gern weiter tüfteln und Sachen bauen. Dann habe ich gesagt: Lasst uns doch einen Makingspace einrichten. Das war vor etwa einem Jahr.
Was waren die großen Herausforderungen, den Makingspace aufzubauen?
Eine große Herausforderung ist Geld. Wir müssen die 3D-Drucker, Filamente und andere Materialien finanzieren. Dafür suchen wir Sponsoren, setzen auch auf Crowdfunding und die Unterstützung durch den Elternbeirat und Freundeskreis. Dann brauchten wir einen Raum, was nicht jede Schule hat. Zum Glück durften wir den Raum mit den Hochleistungsrechnern für diesen Zweck umgestalten. Stück für Stück ziehen wir das jetzt auf.
Und dann braucht es natürlich Schüler*innen, die mitmachen wollen. Manchmal kann es schwierig sein, Schüler*innen für solche Projekte zu begeistern. Bei uns war das anders; die Schüler*innen kamen ja von selbst auf uns zu. Momentan engagieren sich vor allem ältere Schüler*innen im Makingspace. Sie werden bald die Schule verlassen. Die Herausforderung wird sein, auch in Zukunft für Nachwuchs zu sorgen, damit der Makingspace aktiv bleibt.
Wie organisiert ihr den Makingspace?
In unserem Makingspace übernehmen die Schüler*innen viel Verantwortung. Die älteren Schüler*innen, die sich besonders gut mit Technik wie 3D-Druck auskennen, betreuen den Raum und führen Reparaturen durch. Wenn es Fragen gibt, etwas benötigt wird, sei es Material oder eine neue Ausrüstung, kümmere ich mich um die Bestellung und suche nach Sponsoren, um die Kosten zu decken. Zu Beginn kam ein ehemaliger Schüler vorbei und hat für die Jüngeren Workshops in 3D-Druck gegeben. Diese wiederum organisieren jetzt eigene Workshops und suchen aktiv nach Jugendlichen, die sie anleiten können. So wird das Wissen immer weitergegeben.
Und auch die Begeisterung fürs Hacking und Making?
Genau. Das ist von großem Gewinn, wenn man ehemalige Schüler*innen einbinden kann. Bei den diesjährigen Hackdays wollen zwei Ehemalige, die jetzt IT studieren, uns besuchen. Sie kommen vorbei, unterstützen die jüngeren Schüler*innen und hacken mit. Das ist ein absoluter Gewinn. Das würde ich auch als Tipp an andere Lehrkräfte weitergeben: Versucht, Kontakt zu ehemaligen Schüler*innen zu halten und sie, wo es geht, einzubinden. Sie bringen nicht nur ihr Wissen ein, sondern motivieren und inspirieren die anderen Schüler*innen enorm.
Wie stellst du dir die Zukunft deiner Schule in fünf Jahren vor, angesichts der digitalen und technischen Entwicklungen?
Um ehrlich zu sein, vieles entwickelt sich so schnell, dass es schwer ist, Schritt zu halten. Das Einführen neuer Technologien braucht einfach seine Zeit, und ständig kommen neue Anforderungen hinzu. Das kann überfordernd sein, sowohl für Lehrkräfte als auch für Schüler*innen.
In fünf Jahren hoffe ich, dass alles, was wir derzeit einführen, sich bewährt und wir es effektiv nutzen. Es ist nicht notwendig, ständig neue Technologien schnell einzusetzen. Stattdessen sollten wir uns darauf konzentrieren, die bestehenden Mittel sorgfältig zu nutzen und gut in den Schulalltag zu integrieren.
Mein Wunsch ist, dass in fünf Jahren alle Schüler*innen angemessen mit digitalen Endgeräten ausgestattet sind und die Lehrkräfte die Technologie ohne Vorbehalte nutzen. Es sollte klar sein, wo und wie der Einsatz digitaler Geräte wie Tablets echten Mehrwert bietet, und genau diese Möglichkeiten sollten wir gut nutzen. Auch der Einsatz von KI könnte individuell erweitert werden, ohne dass das Tempo uns überfordert.
Außerdem wäre es toll, wenn die Hackdays weiterhin ein fester Bestandteil unseres Schulprogramms bleiben. Es ist großartig zu sehen, wie viel Spaß die Schüler*innen beim gemeinsamen Tüfteln haben. Drei Tage lang nur hacken und ausprobieren, fernab vom regulären Unterricht – das sollte unbedingt erhalten bleiben.