Vier Jugendliche räumen verschiedene Gegenstände wie Apparturen für chemische Experimente durch einen Raum.

„Wir wussten schon, dass Räume wirklich Mangelware sind.“

Bei Start Your Makerspace haben wir im Schuljahr 2022/2023 mit vier Schulen aus ganz Deutschland einen Entwicklungs- und Pilotierungsprozess durchgeführt. Das Ziel: Schulen befähigen und ermutigen, mit einfachen Mitteln einen eigenen Makerspace einzurichten, um Making und Hacking nachhaltig im Schulalltag zu verankern. Thomas Schneider, Lehrer an den Gewerblichen und Hauswirtschaftlich-Sozialpflegerischen Schulen Emmendingen (GHSE), berichtet im Interview von den Herausforderungen und Erfahrungen an seiner Schule.

Im vergangenen Schuljahr habt ihr an eurer Schule einen Makerspace eingerichtet. Wie habt ihr das gemacht?

Wir haben natürlich erstmal unser Bewerbungsvideo gedreht und waren dann sehr überrascht, dass wir ausgewählt wurden. Dann ging es erst richtig los und erstmal war die Frage: Wo könnte denn der Raum für so einen Makerspace überhaupt sein? Wir wussten schon, dass Räume wirklich Mangelware sind. Wir haben uns kurzgeschlossen mit der Schulleitung und den verschiedenen Abteilungsleiter*innen und abgeklopft, welche Räume denn zur Verfügung ständen. Irgendwann hat sich herauskristallisiert, dass wir einen Raum der Chemiesammlung ergattern können.

Wir haben uns dann in einer kleinen Gruppe zuerst unregelmäßig getroffen. Das größte Problem war erstmal, den Raum auszuräumen. Er war vollgestopft mit Sachen, die sich über Jahrzehnte angesammelt haben. Da findet man Sachen von Lehrern, die gar nicht mehr hier an der Schule sind. Und dann war die Frage: Was kann alles weg? Wem gehört noch was? Was muss man behalten? Wir haben also tatsächlich die ersten Monate hauptsächlich ausgeräumt und ausgemistet.

Ihr habt den Raum gemeinsam mit Schüler*innen geplant und aufgebaut. Wie habt ihr eure Zusammenarbeit als Arbeitsgruppe organisiert?

Ich habe einfach in meinen Unterrichten rumgefragt, wer Lust hätte, so etwas umzusetzen. Da haben sich einige gemeldet und dann kamen noch Freunde von ihnen dazu. Am Ende waren wir ein harter Kern von fünf, sechs Leuten, die regelmäßig dabei waren. Da das Schüler*innen unterschiedlichster Schularten und Klassen waren[1], haben wir uns erstmal über eine Messengergruppe organisiert.

Am Anfang haben wir spontane Treffen ausgemacht, um z.B. Sachen in einem Container zu entsorgen. Wir haben gefragt: Wer hat Zeit? Und dann hat man sich getroffen und hat ausgemistet. Später haben wir uns dann alle zwei Wochen in einer größeren Pause getroffen, am Ende dann sogar jede Woche.

An welche Meilensteine erinnerst du dich besonders?

Der erste Meilenstein war, dass der Raum dann tatsächlich leer war und man anfangen konnte, neue Sachen hinein zu stellen. Weiterere Meilensteine waren die Werkbank, die wir aus einer Werkstatt bei uns an der Schule ergattern konnten, und eine PC-Ausstattung, die einige Monate später auch im Netzwerk aufgenommen wurde. Und dann waren es kleinere Sachen: Dass wir einen ausgemusterten Beamer ergattern konnten und einen Drucker. So kamen nach und nach einzelne Sachen zusammen. Aus den Werkstätten haben wir noch schöne, robuste Werkzeugschränke bekommen, fahrbare mit Schubladen. So wurde nach und nach der Raum immer besser ausgestattet.

Wo steht ihr jetzt?

Aktuell kommt außer unserer Gruppe noch niemand rein in den Raum. Wir arbeiten an einer Raumzugangsberechtigung, aber noch braucht man einen Schlüssel. Wir treffen uns immer noch einmal die Woche, um Sachen einzusortieren. Letzte Woche zum Beispiel haben wir noch Werkzeug aus der Holzwerkstatt bekommen: Sägen, Schraubendreher und anderes Material. Es steht aktuell noch an, dass der Beamer angeschlossen wird und ein großes Regal für Stauraum an die freie Wand kommt. Und dann wird noch ein bisschen umgestellt – einfach optimiert.

Außerdem haben wir im Rahmen des Projekts das erste Hackingprojekt durchgeführt. Da haben die Schüler*innen zwei selbstfahrende Roboter gebaut, die sich mit Ultraschall-Abstandssensoren selbständig im Raum bewegen und vor Hindernissen umdrehen. Und dann haben sie noch ein paar weitere Spielereien an den Roboter dran gebaut. Das war das erste Projekt, das wir als Gruppe gemacht haben.

Eine Gruppe Jugendlicher schaut in die Kamera und hält einen fahrbaren Roboer in der Hand. Auf dem Tisch neben ihnen steht ein Laptop.
Beim ersten Hackingprojekt entstanden fahrbare Roboter. (Foto: Thomas Schneider)

Das zweite Projekt, das ein Kollege von mir macht, ist, den Raumzugang zu regeln. Die Idee ist, mit einem RFID-Chip oder einer Karte, einen Schlüssel aus einem Schlüsselkasten vor der Tür zu bekommen. Und das Ganze auch noch solarbetrieben. Das wurde hier gelötet, zusammengebastelt und getestet und funktioniert soweit auch. Jetzt muss es nur noch angebracht werden.

Welche Herausforderungen sind euch auf dem Weg begegnet?

Nummer eins natürlich, überhaupt erstmal einen Raum zu bekommen. Rechnerisch fehlen uns nämlich einige Räume hier. Die zweite Hürde war, die Chemiker*innen dazu zu kriegen, den Raum auszuräumen, weil sie das natürlich auch in ihrer Freizeit machen müssen – außerhalb des Unterrichts. Das hat dann eben ein paar Monate gedauert bis klar war, wo das Material hinkommt und was weg kann. Und eine generelle Hürde ist, Zeit zu finden, um das Projekt neben dem Unterricht umzusetzen und die Gruppe zusammenzukriegen.

Aber andersherum muss ich sagen: Wir hatten viel Unterstützung von der Schulleitung, von Kolleg*innen und den Werkstattlehrer*innen. Kolleg*innen, die bereits 3D-Drucker hatten, haben gesagt: „Hey super, wenn es da einen Raum gibt, ich stelle euch etwas zur Verfügung oder wir tun uns zusammen.“ Also muss ich eher sagen, wie toll die Unterstützung und Zusammenarbeit war.

Was soll in eurem Makerspace als Nächstes passieren?

Die Idee ist – wenn dann die Raumzulassung funktioniert – dass wir ihn bei den Schüler*innen einfach mehr publik machen. Und dann wird es eventuell einen festen Termin geben, wo der Raum offen ist, so in Richtung AG. Es soll aber kein Thema oder Projekt vorgegeben werden, sondern es soll eben tatsächlich ein offener Raum sein, in dem jede*r am eigenen Projekt oder Wunsch arbeiten kann.

Der zweite Gedanke ist aber, dass es nicht bei einem Tag in der Woche bleibt, sondern dass die Schüler*innen, die Zugang haben, auch jederzeit selbständig in Zweiergruppen rein können. Das ist ein Thema, das noch besprochen werden muss: Wie ist der Versicherungsschutz geregelt? Wer ist für den Raum verantwortlich? Also ein Regelwerk aufzustellen für den Raumzugang.

Andere konkrete Projekte gibt es jetzt noch nicht. Wir haben noch das Material für das grüne Klassenzimmer, eines der Hackingprojekte im Rahmen von Start Your Makerspace. Das wird sicherlich eines der Projekte im nächsten Schuljahr sein.

Und zuletzt: Welchen Tipp würdet ihr gerne Schulen geben, die auch einen eigenen Makerspace einrichten möchten?

Ich würde sagen: einfach anfangen. Auch wenn man denkt, das wird nichts, es gibt keinen Raum, wir finden kein Geld oder es ist zu eng. Einfach machen, anfangen und eine Gruppe finden, die motiviert ist, mitzumachen. Dann kommt der Spaß automatisch und es tun sich immer wieder Türen und Finanzierungsmöglichkeiten auf, an die man vorher nicht gedacht hat.

Thomas Schneider unterrichtet Physik, Biologie und Informatik an den Gewerblichen und Hauswirtschaftlich-Sozialpflegerischen Schulen Emmendingen. Das Interview fand zum Ende des Schuljahres 2022/23 statt.

 

[1] Die Gewerblichen und Hauswirtschaftlich-Sozialpflegerischen Schulen Emmendingen sind ein Schulzentrum, an dem viele verschiedene Schul- und Berufsabschlüsse erworben werden können.

ist Volontärin in der Kommunikation und vor allem für den Newsletter, die Social-Media-Kanäle und den Blog zuständig. Zudem unterstützt sie die Kommunikation des Maker Festivals und des Alumni-Netzwerks.