Auf einem Werktisch steht das Legomodell eines Raumes. Im Hintergrund stehen Werkzeuge.

„Macht es nicht alleine.“

Bei Start Your Makerspace haben wir im Schuljahr 2022/2023 mit vier Schulen aus ganz Deutschland einen Entwicklungs- und Pilotierungsprozess durchgeführt. Das Ziel: Schulen befähigen und ermutigen, mit einfachen Mitteln einen eigenen Makerspace einzurichten, um Making und Hacking nachhaltig im Schulalltag zu verankern. Patrick Diekmann und Tobias Kreuer, Lehrer an der Johannes-Kepler-Schule Viersen-Süchteln, berichten im Interview von den Herausforderungen und Erfahrungen an ihrer Schule.

Im vergangenen Schuljahr habt ihr an eurer Schule einen Makerspace eingerichtet. Wie habt ihr das gemacht?

Patrick Diekmann: Zunächst erschien es wie ein ziemlich unbezwingbarer Berg. Wir haben dann erstmal Schüler*innen gesucht, die Lust und Zeit haben, das mit uns anzugehen. Es fängt mit banalen Dingen wie der Raumsuche an, weil Schulen in der Regel bis unters Dach voll sind. Wir haben einen ehemaligen Abstellraum genommen, der direkt an einen Computerraum angeschlossen ist, sodass wir die Technik schon mal dort hatten, und mit einer großen Aufräumaktion begonnen. Wir hatten das große Glück, Werktische von einer anderen Schule zu bekommen und hatten als Schule schon vor geraumer Zeit einen 3D-Drucker gesponsort bekommen, aber bisher noch nicht die Zeit gehabt, uns ernsthaft damit zu befassen. So sind viele Dinge gut zusammengekommen.

Wir waren dankbar, bei den Start-Your-Makerspace-Treffen mit den anderen Pilotschulen zu sehen, dass wir nicht die einzigen sind, die vor scheinbar unlösbaren Problemen stehen. Und es war auch sehr schön zu sehen, wie sich jede Schule Stück für Stück vorgearbeitet hat zum Makerspace.

Ihr habt den Raum gemeinsam mit Schüler*innen geplant und aufgebaut. Wie habt ihr eure Zusammenarbeit als Arbeitsgruppe organisiert?

Patrick Diekmann: Tobias und ich haben das Ganze als AG ins Leben gerufen, freiwillig nach Unterrichtsende, und vorgeschlagen, uns mindestens alle 14 Tage zu treffen. In der Realität war es dann häufiger, weil einfach alle für das Projekt brennen. Wir sind eine relativ kleine Schule mit 600 Schüler*innen. Man läuft sich täglich über den Weg und wir konnten deshalb auch einfach mal in der Pause Dinge besprechen und organisieren, zum Beispiel wenn noch Teile für ein Projekt fehlten. Bei der Arbeit unten im Makerspace haben wir uns auch digital organisiert. Wir haben unsere Lernplattform Moodle genutzt, dort einen Kursraum für unseren Makerspace erstellt, und zum Beispiel ein Glossar für Befehle in der Programmiersprache C eingerichtet oder Anleitungen für Projekte gesammelt.

Jugendliche stehen in einem Raum mit Werktischen. Es liegen Werkzeuge, Plakate und Kabel herum.
3D-Drucker und Werkzeug sind schon da – gemeinsam richtet die Arbeitsgruppe ihren neuen Raum ein.

An welche Meilensteine erinnerst du dich besonders?

Patrick Diekmann: Da ist auf jeden Fall das erste Projekt zu nennen, das wir uns im Rahmen von Start Your Makerspace aussuchen konnten und zu dem auch eine Mentorin von euch an der Schule zu Besuch war. Da war es nicht mehr nur ein Raum, der theoretisch im Entstehen ist, sondern es war ein konkretes Projekt auf dem Tisch. Es gab einen Zeitrahmen und ein Ziel, und wir haben das erste Mal in unserem Raum, den wir entrümpelt und neu gestaltet haben, gemeinschaftlich wirklich gut arbeiten können. Das war ein Meilenstein, weil wir gemerkt haben: Wir sind jetzt da, wo wir hinwollten.

Wo steht ihr jetzt?

Unsere Maker-AG hat sich vergrößert. Wir hatten sie zunächst nur für ältere Schüler*innen angedacht. Mittlerweile sitzen auch Schüler*innen ab Klasse fünf bei uns in der AG, die sich schon mit Arduino-Programmierung auseinandersetzen. Das finde ich große Klasse, als Elfjähriger den Mut zu haben, sich da ran zu trauen. Mittlerweile sind wir mit vielen kleinen Projekten beschäftigt, gerade baut die Gruppe ein Simon Says – ein tragbares Spiel, bei dem Lampen aufleuchten, die man sich merken und in der richtigen Reihenfolge wiederholen muss, was von Level zu Level schwieriger wird.

Mittelfristig werden wir nächsten Sommer einen Stratosphärenflug durchführen. Da sind wir gerade schon in der Vorbereitung und probieren am Boden Messungen aus, die uns im nächsten Sommer dann hoffentlich Daten aus 20 bis 30 Kilometern Höhe liefern werden. Das ist auch das Projekt, das aktuell für den Makerspace zieht – dass wir im Sommer hoch hinaus möchten.

Welche Herausforderungen sind euch auf dem Weg begegnet?

Patrick Diekmann: Eine richtig große Hürde hatten wir nicht. Es sind viele kleine, die es zu umschiffen gilt. Das fängt bei der Akzeptanz der Kolleg*innen für einen Makerspace an. Nimmt man einen Raum – selbst wenn er bisher als Rumpelkammer galt – und gibt ihm einen neuen Zweck, ist der nicht für alle Kolleg*innen sofort ersichtlich. Wir hatten den Fall, dass ein Kollege Schüler*innen in diesem für ihn Nebenraum geparkt hat und es zu Beschädigungen bei uns im Makerspace gekommen ist. Seitdem ist der Makerspace tabu und es gehen nur noch die rein, die dort eine Einweisung bekommen haben. Das ist typisch Schulalltag – was manchmal mit dem guten Gedanken eines offenen Makerspaces kollidiert.

Weil wir uns seit Jahren mit Making beschäftigen, war das bei uns kein Problem. Ich glaube aber, eine große Hürde wäre, wenn Kolleg*innen Interesse haben, aber bisher nicht in der Tiefe über das Knowhow verfügen. Da kann ich nur dazu ermuntern, dass Schulen sich mit anderen Schulen vernetzen und niemand sein eigenes Süppchen kocht, sondern man aufeinander zugeht und sich gegenseitig unterstützt.

Was soll in eurem Makerspace als Nächstes passieren?

Tobias Kreuer: Klar ist, dass wir unseren Makerspace in der Ausstattung weiter verbessern möchten. Ich könnte aber gar nicht konkret sagen, was uns aktuell fehlt. Wünschen kann man sich viel und gebrauchen kann man wahrscheinlich fast alles. Dinge wie einen Lasercutter – der wäre cool zu haben, man würde ihn sicherlich nutzen und tolle Sachen damit machen, lebensnotwendig ist er aber erstmal nicht.

Patrick Diekmann: Außerdem möchten wir es gerne noch mehr in die Breite tragen. Wir haben jetzt Schüler*innen aus allen Jahrgangsstufen fünf bis zehn dabei, es ist mir aber in der Menge dann doch einfach noch zu wenig. Viele wissen jetzt, dass wir diesen Makerspace im Keller haben und haben eine grobe Vorstellung, was wir da tun, aber trauen sich nicht, einfach mal vorbeizukommen. Unserer Erfahrung nach bleiben bisher alle, die sich mal bei uns im Makerspace versucht haben, dabei. Da ist es schade, dass es noch nicht so in der Masse angekommen ist.

Tobias Kreuer: Wir haben uns das Ziel gesetzt, das Angebot noch offener zu gestalten und zu kommunizieren. Viele trauen sich nämlich nicht, weil sie denken: Das ist nur Programmieren, das kann ich eh nicht. Zum Beispiel, weil sie sich bei Hackdays innerhalb ihrer Gruppe selbst gar nicht mit dem Programmieren beschäftigt haben, sondern mit dem Bau des Prototypen. Wenn aber Schüler*innen mit einer Idee zu mir kommen, die nichts mit Programmierung zu tun hat, würde ich sie nie abweisen. Ich würde sagen: Lass uns gemeinsam überlegen, wie wir das umsetzen können. Wer weiß, vielleicht kommen dann die nächsten Projekte. Diese Hemmungen abzubauen, darauf wollen wir verstärkt achten.

Und zuletzt: Welchen Tipp würdet ihr gerne Schulen geben, die auch einen eigenen Makerspace einrichten möchten?

Patrick Diekmann: Erstmal machen – wenn man zu lange drüber nachdenkt und nicht beginnt, verläuft es im Sand. Mit jedem Projekt wächst sowohl die Materialsammlung als auch die eigene Erfahrung und ich glaube, damit werden auch die Projekte wachsen. Ich möchte außerdem gern nochmal aufgreifen, was ich vorhin gesagt habe: sich Partner zu suchen. Das können Schulen mit Makerspaces sein. Auch wir stehen immer gerne zur Verfügung, wenn eine Schule sagt, wir brauchen Input oder Unterstützung zu dem Thema.

Tobias Kreuer: Was ich auf jeden Fall als Tipp geben würde: Macht es nicht alleine. Patrick und ich profitieren wahnsinnig voneinander. Wenn der eine mal nicht kann, springt der andere ein. Alleine könnte ich das nicht stemmen. In so ein Projekt steckt man viel seiner Freizeit – auf zwei Schultern verteilt ist es nur noch halb so viel. Und auch wenn wir ähnliche Interessen und Kompetenzen haben, bringen wir unterschiedliche Dinge ein.

Patrick Diekmann: Bei zunehmender Komplexität der Projekte braucht man auch mal länger, sich in Probleme der Schüler*innen einzudenken, und wird betriebsblind. Da ist es enorm hilfreich, wenn der andere vorbeikommt und sagt: „Guckt mal, das habt ihr übersehen.“

Tobias Kreuer: Außerdem hilft es gegen die eigene Frustration. Irgendwann läuft man gegen Windmühlen, muss vor Kolleg*innen rechtfertigen, warum man Schüler*innen aus dem Unterricht nimmt oder Gelder für das Projekt bekommt und eine andere Fachschaft nicht. Da hilft der Zuspruch: „Hör mal, was wir machen ist einfach total cool.“ Hört euch also um, vielleicht findet ihr jemanden, von dem ihr noch gar nicht wisst und mit dem ihr das zusammen angehen könnt.

Patrick Diekmann und Tobias Kreuer leiten die Maker-AG an der Johannes-Kepler-Schule Viersen-Süchteln. Das Interview fand im Oktober 2023 statt. 

ist Volontärin in der Kommunikation und vor allem für den Newsletter, die Social-Media-Kanäle und den Blog zuständig. Zudem unterstützt sie die Kommunikation des Maker Festivals und des Alumni-Netzwerks.