„Jetzt ist die Herausforderung, den Raum wirklich zu nutzen und Schüler*innen dafür zu begeistern.“
Bei Start Your Makerspace haben wir im Schuljahr 2022/2023 mit vier Schulen aus ganz Deutschland einen Entwicklungs- und Pilotierungsprozess durchgeführt. Das Ziel: Schulen befähigen und ermutigen, mit einfachen Mitteln einen eigenen Makerspace einzurichten, um Making und Hacking nachhaltig im Schulalltag zu verankern. Björn Wemhöner und Elena Stahl, Lehrkräfte an der Willy-Brandt-Gesamtschule Bochum, berichten im Interview von den Herausforderungen und Erfahrungen an ihrer Schule.
Im vergangenen Schuljahr habt ihr an eurer Schule einen Makerspace eingerichtet. Wie habt ihr das gemacht?
Björn Wemhöner: Angefangen hat es mit Elenas Idee, einen Makerspace aufzubauen. Dann wurden wir auf Start Your Makerspace aufmerksam. Der erste Schritt war Räumlichkeiten zu finden. Unser jetziger Raum war vorher eine Rumpelkammer und musste erstmal umfangreich entmüllt werden – mithilfe von Schüler*innen, Lehrkräften und des Hausmeisters hat das gut funktioniert. Dann war der Raum leer, aber so gar nicht schön, und es ging etwa ein Monat für Renovierungsarbeiten ins Land. Als alles fertig war mit Beleuchtung und Elektroanschlüssen, haben wir mit den Schüler*innen angefangen Tische, Schränke und Regale zu sichten und einzuräumen. Dann kamen die IT-Sachen hinzu: Laptops und zwei Raspberry Pis. Wir haben Monitore angeschlossen, Regale gefüllt und nach und nach Geräte wie 3D-Drucker und Werkzeuge angeschafft.
Ihr habt den Raum gemeinsam mit Schüler*innen geplant und aufgebaut. Wie habt ihr eure Zusammenarbeit als Arbeitsgruppe organisiert?
Elena Stahl: Wir veranstalten seit vier Jahren Hackdays von Make Your School und mit einer Gruppe Oberstufenschüler*innen waren wir auch in Berlin beim Maker Festival. Die haben wir gefragt, ob sie Lust haben, so einen Raum mitzugestalten. Kleinere Absprachen haben wir dann nach dem Unterricht oder digital getroffen. Wir haben als Team Makerspace auch eine Messengergruppe – Björn, die fünf Schüler*innen und ich.
Björn Wemhöner: Ich hatte noch Neuntklässler*innen in Physik, die auch bei Hackdays dabei waren und außerdem mit den Oberstufenschüler*innen befreundet sind. Alle hatten Lust mitzumachen und so war es sehr gewinnbringend und unkompliziert, weil alle gut miteinander klarkommen. Oft war es auch ein „Wer hat morgen Zeit, wer kann kommen?“. Je nach Stundenplan und Klausuren kamen dann manchmal nur drei, meist kamen aber doch alle. So konnten wir die meisten Dinge alle gemeinsam besprechen.
An welche Meilensteine erinnert ihr euch besonders?
Björn Wemhöner: Für uns war es ein Meilenstein als wir das erste Mal in den renovierten Raum kamen. Wir kannten ihn ja nur in hässlich und konnten uns nicht vorstellen, was mal daraus wird. Wir kamen rein und er war wunderschön gestrichen, der Boden war nicht mehr dreckig, die LED-Leisten waren dran und Beleuchtung und Elektrik standen. Da dachten wir, okay, das wird wirklich was. Der zweite war dann als die ersten Tische und Schränke drin waren und wir die frisch gelieferten 3D-Drucker zusammengebaut haben. Die habe ich alle vier an einem Nachmittag mit einer Schülerin zusammengebaut. Als der erste Druck startete, dachte ich: Wie super, dass wir die haben. Man muss ja dankbar sein, solche Dinge überhaupt bezahlt zu bekommen.
Wo steht ihr jetzt?
Björn Wemhöner: Gerade hatten wir Ferien, aber bald starten die Arbeitsgemeinschaften (AGs) wieder und ich werde auf jeden Fall eine AG im Makerspace anbieten. Im Moment habe ich noch zu viele Ideen. Man könnte ein kleines Repair-MINT-Café im Makerspace machen, sich Projekte mit Mikrocontrollern wie Arduino und Co vornehmen oder einen Schwerpunkt zu 3D-Druck, CAD und 3D-Konstruktion, das heißt computergestütztem Zeichnen und Konstruieren, machen.
Man hat sehr viele Möglichkeiten in diesem Raum. Ich finde es aber problematisch, wenn ihn nur einer nutzt. Deswegen war meine Idee, in den nächsten Wochen einige Fachschaften einzuladen – die Informatik, den Technik- und den Kunstbereich – damit sie sich den Raum und seine Möglichkeiten anschauen können. Um dann konzeptionell zu überlegen, wie man ihn im Unterricht vielleicht intensiver mit kleineren Gruppen für Projekte nutzen kann, zum Beispiel für AGs und für die Hackdays.
Welche Herausforderungen sind euch auf dem Weg begegnet?
Elena Stahl: Am Anfang war es schwierig, einen Raum zu bekommen, denn bei uns an der Schule war eine Baustelle und sechs Klassen hatten keinen Klassenraum. Da mussten wir schon Druck machen. Und dann mussten wir auch in kurzer Zeit die Kolleg*innen von der Fachschaft überzeugen, ihn auszuräumen, weil wir ihn dringend brauchen.
Jetzt ist die Herausforderung, ihn wirklich zu nutzen und die Schüler*innen dafür zu begeistern. Ich denke, wenn Björn eine AG macht – und auch in meiner siebten Klasse hieß es schon „Cool, 3D-Drucker“ – wenn man das ein Jahr macht und Schüler*innen sehen, was alles möglich ist, dann wird es weitergetragen.
Was soll in eurem Makerspace als nächstes passieren?
Elena Stahl: Ein Makerspace, zu dem die Schüler*innen jederzeit Zugang haben, ist bei uns nicht möglich, weil spätestens um 17 Uhr abgeschlossen wird und keine Schüler*innen mehr ins Gebäude dürfen. Deshalb müssen wir schauen, dass wir ihn während des Schulbetriebs nutzen.
Björn Wemhöner: Mit meiner AG werden wir ihn definitiv nutzen. Interessant ist das glaube ich vor allem für Schüler*innen aus der achten, neunten und zehnten Klasse. Ansonsten wird hoffentlich eine Entwicklung sein, dass die anderen Fachschaften das integrativ in ihren Unterricht einbauen und den Raum und die Geräte für verschiedenste Projekte nutzen.
Und zuletzt: Welchen Tipp würdet ihr gerne Schulen geben, die auch einen eigenen Makerspace einrichten möchten?
Björn Wemhöner: Frühzeitig Ressourcen checken, das heißt, rechtzeitig Gespräche führen mit Beteiligten und mit Leuten, die über Geld verfügen. Bei uns fiel es glücklich, dass parallel ein Technikraum ausgestattet wurde. Da gab es Überschneidungen, über die wir Gelder bekommen haben. Sonst hätten wir die 3D-Drucker beispielsweise erstmal nicht so leicht anschaffen können.
Elena Stahl: Wir nehmen im Informatikbereich auch jedes Jahr an Wettbewerben teil und kommen so an Preisgelder. Dann kann man noch Sponsoren und Förderer ansprechen. Wir hatten auch überlegt, über unsere Homepage einen Aufruf zu starten und Werkzeug zu sammeln. Bei uns hat es auch ohne geklappt. Aber es geht nicht nur ums Geld.
Björn Wemhöner: Genau, frühzeitig Gespräche anzufangen ist wichtig. Denn bei uns war der Entscheidungspol tatsächlich unser Hausmeister, ohne den es nicht machbar gewesen wäre. Der hat viel in die Wege geleitet und organisiert. Wenn also von schulischer Seite keine Unterstützung da ist, geht es nicht. Und die Schüler*innen sind auch extrem wichtig, weil sonst der Workload für die Lehrkraft unglaublich hoch ist. Einfach Leute, die mitdenken. Und noch ein Tipp, das haben wir auch gemacht: Makerspaces in der Nähe anschauen. Der Austausch von Schulen untereinander kommt meiner Meinung nach viel zu kurz.
Elena Stahl: Ich war in einigen Makerspaces, habe Bilder gemacht und allen gezeigt. Bei uns gibt es auch eine Universität mit Makerspace in der Nähe. Zeitlich kamen wir leider nicht dazu, aber ich hätte das gern mit den Schüler*innen gemacht: Hingehen, anschauen und Tipps holen.
Björn Wemhöner unterrichtet Mathematik und Physik. Er begeistert sich für (Astro-) Fotografie und Kitesurfen und bastelt am liebsten an technischen Geräten, Schaltungen, Beleuchtungen und Sensoren.
Das Interview mit Björn Wemhöner und Elena Stahl, Lehrkräften an der Willy-Brandt-Gesamtschule Bochum, fand zum Ende des Schuljahres 2022/23 statt.